Welche Aufgaben muss das Gymnasium erfüllen? Welche Kraftanstrengungen haben die Schulen in den vergangenen Jahren geleistet? Welche Erwartungen haben die Lehrkräfte an ihre Kultusministerinnen und -minister?

Auf diese und noch mehr Fragen wurden auf der großen Vertreterversammlung des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) am 6. Mai in Berlin Antworten gegeben. Mehr als 140 DPhV-Delegierte waren im Hotel Moa zusammengekommen und holten die Veranstaltung nach, die bereits fünf Monate zuvor dort hätte stattfinden sollen, coronabedingt damals aber abgesagt werden musste. Kleiner Unterschied: Die Wahl des neuen Geschäftsführenden Vorstands und der Bundesvorsitzenden hatte der Verband bereits Anfang Dezember in einer Online-Konferenz absolviert und Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing mit 98 Prozent der Delegiertenstimmen für weitere vier Jahre im Amt bestätigt.

‘Gymnasium – weiter gedacht’ – so lautete das Motto online im Dezember, so lautete das Motto aber auch in persona im Mai. In ihrem Grußwort sprach KMK-Präsidentin Karin Prien (CDU) über den »Transformationsprozess des Lernens in der Pandemie in die bedeutsame Phase des Lernens aus der Pandemie«, über Lehrkräftebildung und die »neu entstandene Herausforderung für unser Bildungssystem durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine«. Prien würdigte die Leistungen, die Lehrkräfte in den Monaten der Corona-Pandemie erbracht haben. »Corona hat die Verletzbarkeit unserer Gesellschaft offengelegt, wir haben erleben müssen, dass viele Familien aus ihrem Alltagsgleichgewicht geraten sind. Wir haben feststellen müssen, dass die Pandemie Wissensrückstände vergrößert hat und, dass Kinder noch stärker als Erwachsene unter den psychosozialen Folgen der Pandemiebekämpfung zu leiden haben«, erklärte sie. Die Schulen haben durch die Pandemie einen Digitalisierungsschub bekommen, dem jetzt ein Qualitätsschub folgen solle. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin: »Die Lehrkräfte sind deutlich mutiger geworden neue Instrumente für das Lehren und Lernen in der digitalen Welt auszuprobieren und zu nutzen.« Das »Momentum der Pandemie« wolle sie nutzen, um daraus einen »Schub für den Lehrerberuf« zu schaffen. Karin Prien: »Natürlich ist es das Ziel, junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, um den Bedarf bedienen zu können. Wir wollen aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ investieren.«

Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz referierte in unterhaltsamer Weise über die Entwicklung des Bildungsbegriffs, konkret über ‘Bildungskultur und kulturelle Bildung – Konstanz und Dynamik eines Bildungsganges’. »Unter bestimmten Prämissen ist das Gymnasium unzerstörbar, aber nur dann, wenn es nicht aus seiner jeweiligen Zeit fällt, sondern sich beständig erneuert. Dann dürften sich seine bildungsphilosophischen Fundamente auch in Zukunft als tragfähig erweisen«, erklärte der Erziehungswissenschaftler. Olbertz: »Wissen kann man quantifizieren, es mit Informationen gleichsetzen und dann an seiner Menge verzweifeln. Bildung aber bedeutet, Wissen zu kultivieren, also zu qualifizieren.«

Die Delegierten der Landesverbände stimmten in ihrer Versammlung über zahlreiche Anträge ab, darunter auch drei wichtige Leitanträge zur bildungspolitischen Stärkung des Gymnasiums, zur Digitalisierung sowie zum Umgang mit geflüchteten Schülerinnen und Schülern.