Auf ein Wort
Was macht ChatGPT mit uns in der Schule?

Liebe Kollegen und Kolleginnen,
ChatGPT ist in aller Munde. Vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, dass diese KI den Schülerinnen und Schüler ein ‘leichteres’ Schulleben beschere, mit weniger Hausaufgaben und weniger eigener Anstrengung. Das glaube ich nicht. Geradezu im Gegenteil wird für die Schülerinnen und Schüler die Herausforderung darin bestehen, die oft gut und überzeugend klingenden Texte, zum Beispiel von ChatGPT, auf ihren fachlichen Gehalt hin prüfen zu können. Lernende brauchen also nicht weniger fachliche Kompetenzen, vielmehr verlangt eine kundige Nutzung der Möglichkeiten von KI nach einer breiteren und tieferen Verankerung im Fach.
Voraussichtlich wird das Produzieren von Texten und Ausarbeitungen gegenüber deren Diskussion und tatsächlichen Bewertung etwas in den Hintergrund treten. Im besten Falle wird es allerdings dann so sein, dass tatsächlich die Bildung und der Bildungsprozess des einzelnen Schülers, der einzelnen Schülerin in den Mittelpunkt gestellt werden kann und muss. Denn Bildung ist ja die subjektive Verarbeitung von Wissen, die zu kumuliertem, veränderten Wissen, zu veränderten Einstellungen und Haltungen führt. Dies dann im Klassenraum, mit und vor den anderen in der Klasse oder im Kurs zu artikulieren, darzustellen, zu begründen, infragezustellen, weiterzuentwickeln, das wird eine anspruchsvolle Aufgabe im Unterricht sein – und dafür bedarf es der dahinterstehenden Üb- und Auseinandersetzungsprozesse, beispielsweise in den Hausaufgaben. Diese werden also gar nicht überflüssig, sondern die individuelle Vertiefung von Wissen bleibt notwendig.
Selbstverständlich muss jedoch im Rahmen einer schulbezogenen Nutzung der Schutz der personenbezogenen Daten von Lehrkräften und ihren Schülerinnen und Schülern gewährleistet werden. Hier sind die Kultusministerien als Verantwortliche und Dienstherrn gefragt. A und O ist und wird der Schutz der personenbezogenen Daten sein, und zwar sowohl der Schüler- wie der Lehrkräftedaten, nicht nur in KI-Anwendungen. Hierzu bedarf es grundlegender Veränderungen. Denn bisher ist die Schulleitung der Datenschutzverantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 der DS-GVO, die Schulleitung, die die Schule nach außen vertritt. Diese kann aber in der Regel kein umfassendes (Datenschutz-)Wissen unter anderem für sämtliche KI-Tools haben.
Es gibt bisher nur wenige Bundesländer, hier beispielsweise Berlin, in denen die Verantwortung für den Datenschutz, schulische IT-Verfahren und deren verfahrensabhängige IT-Infrastruktur bei der obersten Dienstbehörde, nämlich dem Kultusministerium bzw. bei der entsprechenden Senatsverwaltung, liegt (hier SchulG Berlin § 7, Abs. 2a und § 64, Abs. 11). In den meisten Bundesländern wird diese Verantwortung an die Schulen bzw. die Schulleitungen delegiert. Die aktuelle Debatte zeigt, wie dynamisch sich gerade der IT-Bereich entwickelt. Daher ist diese Flucht der Kultusministerien aus der Verantwortung ein nicht hinnehmbarer Zustand und muss im Interesse der Schülerinnen und Schüler, ihrer Lehrkräfte und der Schulleitungen dringend verändert werden (vgl. https://www.meinungs-
barometer.info/beitrag/Schutz-der-personenbezogenen-Daten-als-A-und-O-bei-KI-Einsatz-in-der-Schule_4547.html).
Und insofern erneuert die aktuelle Debatte um ChatGPT nur unsere grundsätzliche Forderung an unsere Dienstherren, ihrer IT-Verantwortung besser als bisher nachzukommen!
Ich verbleibe mit kollegialen Grüßen an Sie!
Ihre
Susanne Lin-Klitzing