Übernahme der KMK-Präsidentschaft durch Katharina Günther-Wünsch: DPhV stellt klare Forderungen

Der Deutsche Philologenverband (DPhV) und der Landesverband PhV Berlin/Brandenburg beglückwünschen Katharina Günther-Wünsch zu ihrer neuen Position als Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie. Die Verbände begrüßen zahlreiche Eckpunkte des neuen Koalitionsvertrages. Dieser sieht unter anderem vor:

• Stärkung der Gymnasien sowie der grundständigen Gymnasien (ab Klassenstufe 5)

• Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte

• Entlastung der Lehrkräfte, unter anderem durch weniger Konferenzen

• Fortsetzung und Beschleunigung der Berliner Schulbauoffensive

• Abschaffen der Prüfungen des Mittleren Schulabschlusses (MSA) am Gymnasium am Ende der 10. Klasse

• Einführung des Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach

• Den Schulen sollen geprüfte Lehr- und Lernprogramme web- und/oder cloudbasiert über das Schulportal und die Lizenzen über ein Lizenzmanagement des Landes zur Verfügung gestellt werden.

DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing wies die Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie darauf hin, dass angesichts der enormen Herausforderungen im Berliner Schulsystem Eile bei der Umsetzung der Pläne geboten sei: »Die Situation der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler hat sich in den vergangenen Jahren zusehends verschlechtert. Wir brauchen spürbare Verbesserungen. Und zwar zeitnah!«

Die im Koalitionsvertrag vereinbarte schnellstmögliche Lehrkräfteverbeamtung muss aus Sicht der Landesvorsitzenden Kathrin Wiencek zu den Prioritäten gehören. Sie sagte: »Berlin muss für Lehrkräfte unbedingt attraktiver werden. Erst recht, wenn in Brandenburg sogar Seiteneinsteiger verbeamtet werden sollten. Das hängt wie ein Damoklesschwert über den Berliner Schulen.«

Lin-Klitzing ergänzte: »Wir freuen uns also, dass zahlreiche Forderungen unsererseits im Koalitionsvertrag berücksichtigt worden sind. Wir sehen die Stärkung des Gymnasiums als wichtigsten Punkt an. Zudem begrüßen wir das Bekenntnis zur Digitalisierung für einen klug digital unterstützten Präsenzunterricht mit dem Ziel einer erfolgreichen Wissensvermittlung im 21. Jahrhundert. Wir wünschen Frau Günther-Wünsch bestmöglichen Erfolg.«

DPhV stellt klare Forderungen an die neue KMK-Präsidentin

Der Deutsche Philologenverband (DPhV) gratuliert Katharina Günther-Wünsch (CDU) auch zur offiziellen Übernahme der Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz (KMK) am 5. Mai. Die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes (DPhV), Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, sagte: »Wir wünschen Berlins Bildungssenatorin viel Erfolg. Dieser ist auch nötig, denn die KMK steht angesichts der aktuellen Bildungssituation vor gewaltigen Herausforderungen.« In diesem Zusammenhang unterstreicht der DPhV einige seiner Kernforderungen:

Qualität und Anspruch erhalten – Inhaltliche Weiterentwicklung der Regelungen zum Abitur

Aus Sicht des DPhV ist es ein wichtiger und richtiger Schritt, dass die KMK mit Katharina Günther-Wünsch den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts von 2017 zunehmend erfüllt und für mehr Vergleichbarkeit auf höherem Niveau beim Abitur sorgt. Allerdings muss das inhaltliche Niveau des Abiturs nicht nur gehalten, sondern gesteigert werden. Lin-Klitzing: »Die ‘Grundkurse‘ Deutsch und Mathematik in der Oberstufe sollten über die vier Halbjahre mit mindestens ‘Ausreichend‘ abgeschlossen werden. Das ist bisher nicht der Fall. Das sichert weder Studier- noch Ausbildungsfähigkeit!« Die KMK erlaubt bisher, dass alle ‘Grundkurse’ in Deutsch oder in Mathematik in allen vier Halbjahren mit einer Bewertung unterhalb von ‘Ausreichend’, also zum Beispiel auch mit nur einem Punkt (= Note 5 minus), abgeschlossen werden dürfen.

Mit der Notenverordnung von 2016 hatte die KMK zudem dafür gesorgt, dass die Note ‘Ausreichend’ bereits für 45 Prozent statt fünfzig Prozent Leistung vergeben wird. Ebenso wie für 95 Prozent Leistung bereits eine Eins plus (fünfzehn Punkte) vergeben wird. »Leistung und Bewertung müssen wieder in ein passenderes Verhältnis gesetzt werden. Mindestens fünfzig Prozent Leistung sollten erbracht werden, um eine Abiturprüfungsklausur zu bestehen, also ein ‘Ausreichend’ (fünf Punkte) zu erhalten!«, fordert Lin-Klitzing.

Qualität sichern – Klare und anspruchsvolle Standards für die Quer- und Seiteneinsteiger

Trotz des Lehrkräftemangels darf es keine Senkung des Niveaus bei der Nachqualifikation von Quer- und Seiteneinsteigern geben, auch wenn dadurch Schulen mit temporärem Unterrichtsausfall rechnen müssen. Lin-Klitzing: »Jedes Nachgeben beim Qualifizierungsniveau fällt uns schon in naher Zukunft doppelt und dreifach auf die Füße! Denn dadurch leidet die Qualität der Schulbildung unserer Kinder.«

Zu den Mindeststandards, die der DPhV von der KMK und Katharina Günther-Wünsch einfordert, gehö-
ren:

• Lehrkräfte dürfen erst nachqualifiziert werden, wenn sie einen akademischen Abschluss haben!

• Keine Verbeamtung auf Lebenszeit ohne Staatsexamen oder Master plus Referendariat!

Neue Lehrkräfte gewinnen und binden – Veränderungen für das Lehramtsstudium

Vor Jahren wurde die Struktur des Lehramtsstudiums in vielen Ländern auf das Bachelor-Master-System umgestellt. Wesentlicher Grund dafür war, dass man den Studierenden auch andere berufliche Chancen eröffnen wollte – und dass die Länder sich nicht mehr in der Pflicht sahen, angehenden Lehrkräften eine Anstellung zu bieten. Lin-Klitzing dazu: »Das hat funktioniert – aus heutiger Sicht muss man sagen: leider viel zu gut. Denn wir verlieren durch diese Polyvalenz zu viele Studierende, die Lehrkräfte werden könnten, an andere Berufe – gerade im MINT-Bereich.« Der DPhV fordert die Länder daher auf, darüber nachzudenken, die Lehramtsstudiengänge wieder als originäre, grundständige Staatsexamensstudiengänge zu organisieren.

Erfahrene Lehrkräfte behalten – Sicherung der Bestandslehrkräfte im System

Für die Bekämpfung des Lehrkräftemangels ist es unabdingbar, die derzeit aktiven Lehrkräfte an den Schulen spürbar zu entlasten, sie endlich regulär zu befördern und so ihrem möglichen frühzeitigen Ausscheiden entgegenzuwirken. Eine Erhöhung der Regelstundenzahl wird angesichts der seit Jahren bestehenden Überbelastung dabei einen gegenteiligen Effekt haben, denn die Lehrkräfte arbeiten heute schon oft mehr als die gesetzlich vorgeschriebene wöchentliche Arbeitszeit. Lin-Klitzing: »Wenn dazu jetzt noch Mehrarbeit implizierende Initiativen wie die so genannte ‘Vorgriffsstunde‘ kommen, dann werden wir Lehrkräfte verlieren, weil sie einfach nicht mehr können. Das ist menschlich inakzeptabel, widerspricht der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und verstärkt den Lehrermangel, statt ihn zu bekämpfen.«

Für angehende Lehrkräfte ist es wichtig, ein klares und weniger widersprüchliches Berufsbild seitens der verantwortlichen Kultuspolitiker zu bekommen. Der DPhV hält nach wie vor an den grundlegenden Lehrerbildungsstandards: Unterrichten und erziehen, beurteilen und beraten sowie innovieren fest.

Lin-Klitzing: »Einen Ersatz des ‘Beurteilens‘ durch ‘Betreuen‘, wie es die Kultusminister in ihrer Ländervereinbarung von 2020 ‘hineinschmuggelten‘, lehnen wir strikt ab und erwarten eine entsprechende Korrektur seitens der KMK.«

Pressemitteilungen vom 28. April & 5. Mai 2023