Berlin – Am 28. April hat die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, nach Beschlüssen der Frühjahrssitzung des DPhV-Bundesausschusses einen Brief an die KMK-Präsidentin Britta Ernst zu den Beratungen der KMK zur Gymnasialen Oberstufe geschrieben. Den Brief im Wortlaut lesen Sie hier:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau Ernst,

mit Schreiben vom 15. Februar 2021 habe ich mich an Sie gewandt und Ihnen die Unterstützung und Expertise des Deutschen Philologenverbandes bei den Beratungen der KMK zur Gymnasialen Oberstufe und zum Abitur in Folge der 2021 von den Ministerpräsidenten unterzeichneten Ländervereinbarung und der daraus abgeleiteten Politischen Vorhaben angeboten und Ihnen bereits erste DPhV-Positionen übermittelt.

Uns liegt wie der KMK daran, für die Gymnasiale Oberstufe insbesondere die Ziele der Wissenschaftspropädeutik, der allgemeinen Studierfähigkeit und der vertieften Allgemeinbildung voranzubringen. Hierzu ist es uns wichtig, das Vertrauen in das Abitur durch möglichst hohe inhaltliche und formale Leistungsansprüche zu stärken und eine Vergleichbarkeit der Länderabiture auf einem höheren Niveau herbeizuführen. Dabei soll ein möglichst hoher Anteil des in der gymnasialen Oberstufe erteilten Unterrichts in die Abiturprüfungen eingebracht werden. Deutsch, Mathematik, eine fortgeführte Fremdsprache und eine Naturwissenschaft sind durchgängig einzubringen. Um dem Anspruch einer allgemeinen und vertieften Bildung in der Gymnasialen Oberstufe gerecht zu werden, sind für uns vier bis fünf Abiturprüfungsfächer erforderlich.

Nachfolgend möchte ich Ihnen weitere Positionen des Deutschen Philologenverbandes zu den Politischen Vorhaben der KMK zur Gymnasialen Oberstufe und zum Abitur, mit denen wir uns näher auseinandergesetzt haben, darlegen:

Zu Nr. 1 Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife

• Der DPhV tritt für mehr Vergleichbarkeit auf insgesamt höherem Niveau ein.

Zu Nr. 2 Rahmenbedingungen der Gymnasialen Oberstufe

• Der DPhV stimmt den Wahlmöglichkeiten lt. 7.2 KMK-Oberstufenverordnung zu.
• Er spricht sich für zwei bis drei Leistungskurse aus. Die Leistungskurse sollen mindestens vier bis max. fünf Stunden umfassen. Es sollen mindestens zehn Stunden im Leistungskurs-Bereich veranschlagt werden. Der DPhV empfiehlt dabei fünfstündige Leistungskurse.
• Die Note 05 Punkte soll mindestens fünzig Prozent der Rohpunkte voraussetzen (Nr. 9.2 KMK-Oberstufenverordnung).
• Mindestens 36 bis 40 Kurse (statt bisher 32) müssen in die Gesamtqualifikation eingebracht werden.
• Klausuren sollen (in der Summe) fünfzig Prozent plus bei der Notenfindung für die Halbjahres-Zeugnisse ausmachen.
• Im Leistungskurs sollen zwei Klausuren pro Halbjahr geschrieben werden, eine Ausnahme ist für Q2/2 möglich.

Zu Nr. 3 Abiturprüfung und Abituraufgabenpool

• Es soll eine Festlegung der Gesamt-Prüfungszeit in schriftlichen Prüfungen erfolgen, evtl. als Mindest-Prüfungszeit.
• Die Abiturprüfungen sollten sich aus landes- und bundeszentralen Aufgabenstellungen zusammensetzen. Die Entnahmequote für alle Länder sollte verpflichtend aus dem bundeszentralen Abituraufgabenpool mindestens fünfzig Prozent, aber keine einhundert Prozent betragen.

Nach wie vor stehen wir für eine diesbezügliche konkrete Zusammenarbeit bereit.

Außerdem möchten wir Ihnen noch zwei Anliegen vortragen, die gerade jetzt, aber nicht nur in der Zeit der Corona-Pandemie von Bedeutung sind:

• Seit über einem Jahr verläuft der Unterricht in großem Umfang digital als Distanz- oder Wechselunterricht und die Lehrkräfte mussten sich schnell auf diese neue Arbeitsform umstellen und haben dies auch gut gemeistert. Für einen guten Unterricht ist es wichtig, auf Datenschutz konformes Unterrichtsmaterial bzw. Tools Zugriff zu haben und auf kollaborativen Online-Plattformen arbeiten zu können. Hier hätten wir die Bitte an Sie zu prüfen, welche Lizenzen Sie bzw. die Länder bereit sind, für Datenschutz konformes und kuratiertes Unterrichtsmaterial und Lernmanagementsysteme anzuschaffen und den Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. Damit wäre ein weiterer Qualitätsschritt nach vorne gemacht.

•In der Corona-Pandemie wurden zum Beispiel in Sachsen die Winterferien vorgezogen und verkürzt und dafür die Osterferien vorgezogen und verlängert. In Thüringen wurden die Winterferien vorgezogen. In Bayern wurden die Faschingsferien komplett ohne Kompensation gestrichen, um versäumten Unterricht nachzuholen. Der DPhV spricht sich gegen jegliche Ad hoc-Verkürzung, -Streichung oder -Verschiebung von Schulferien aus. Die Ferienzeiten müssen für alle Beteiligten planbar sein und den Lehrkräften muss die Möglichkeit gegeben werden, konkrete An- und Entspannungsphasen in regulären Unterrichts- und unterrichtsfreien Zeiten wahrzunehmen und sich zu erholen, insbesondere bei den anstrengenden Mehrbelastungen in der Pandemiezeit. Wir bitten die KMK darum, darauf hinzuwirken, dass in den Ländern keine (spontanen Ad hoc-) Streichungen oder Änderungen der Ferienzeiten vorgenommen werden.

Liebe Frau Ernst, ich würde mich freuen, wenn Sie unsere dargestellten Anliegen prüfen und in die Beratungen der KMK aufnehmen.

Mit guten Grüßen
Susanne Lin-Klitzing